ISTA Cyprus gab mir keine Antworten. Es machte mich roh, offen, menschlich. Ein Festival, das Zärtlichkeit, Schatten, Beziehung und innere Wahrheit miteinander verwob – und mich lebendiger zurückließ als zuvor.

Ich kam von ISTA Cyprus 2025 zurück mit einer seltsamen, ungewohnten Weichheit in mir.
Einer, die nur entsteht, wenn man mehrere Tage unter Menschen verbringt, die sich bewusst entschieden haben zu wachsen.
Nicht um zu fliehen.
Nicht um zu gefallen.
Sondern um wirklich tiefer zu gehen.
Unter Hunderten von Menschen zu stehen, die lebendig sind, neugierig, verletzlich, zitternd, mutig… es verändert etwas im eigenen Körper.
Aber der eigentliche Schock war zu erkennen, dass ich einer von ihnen bin.
Dass ich zu dieser Gemeinschaft gehöre, zu dieser Familie von Menschen, die mehr Zärtlichkeit wollen, mehr Ehrlichkeit, mehr Liebe, mehr Raum im eigenen Inneren.
Man kommt an und denkt, man sei für Workshops hier, für Erfahrungen, für „Growth“.
Aber irgendwann versteht man:
Man ist nicht hier, um etwas hinzuzufügen.
Man ist hier, um aufgebrochen zu werden.
Damit hatte ich nicht gerechnet.
Das Festival riss den Lack ab.
Die Rollen.
Die kleinen Geschichten, mit denen ich mich sonst zusammenhalte.
All die Arten, wie ich versuche kontrolliert auszusehen.
Ein Morgen hat sich in mir eingebrannt.
Nach unseren Pod-Runden ging ich zu Nastia hinüber – und sah, dass sie bereits in den Armen einer anderen Person war.
Für eine Sekunde schnürte sich mein Brustkorb zusammen, wie ein Kind, das nicht versteht, warum Wärme plötzlich geteilt wird.
Doch dann öffnete sich etwas.
Nicht im Kopf – tiefer.
Die Anspannung löste sich, Wärme trat an ihre Stelle.
Ich sah die Unschuld darin, die Weichheit, das menschliche Bedürfnis.
Ich trat zurück.
Ich ließ Raum.
Und ich spürte klar, dass ich keine anderen Arme wollte.
Nur ihre.
Nur Präsenz.
Das ist eine Wahrheit, die in einem Tantra-Festival anders einschlägt.
Es ist kein Gedanke.
Es ist eine Veränderung entlang der Wirbelsäule.
Ein weiterer Moment kam im Workshop von Nimay Sunra.
Nichts Spektakuläres.
Nur zwei Stunden nebeneinander sitzen, Hände halten, atmen, sich ansehen, ohne etwas reparieren zu wollen.
Zwei Stunden reine Präsenz.
Es ist verrückt, wie selten das im Alltag vorkommt.
Wir schenken uns solche Zeit nicht.
Aber dort fühlte es sich selbstverständlich an.
Und etwas Ruhiges, Unbestreitbares geschah:
Die Brücke zwischen uns musste nicht mehr vorgestellt werden.
Sie war da.
Dann war da diese Frau, die sichtbar litt.
Sie sprach aus einem rohen, zitternden Ort, und ihre Intuition schrie bereits unter ihren Worten.
Durch mein Practitioner-Training und meine Arbeit im Shibari und Tantra – nicht der sinnliche Teil, sondern der somatische – erkannte ich sofort, dass sie ihre eigenen Grenzen überschritt, an einen Ort ging, an den ihr Körper nicht wollte.
Es traf mich wie ein Spiegel, den ich nicht bestellt hatte.
Ich war selbst dort gewesen.
Mich stärker fühlend, als ich war.
Über meine Gesundheit gehend.
Das innere Zittern ignorierend.
Als ich ihr dieses Spiegelbild zurückgab, öffnete sich etwas.
Ihre Augen veränderten sich.
Ihr ganzer Körper veränderte sich.
Die Erkenntnis landete – hart, aber notwendig.
Und für einen Moment fühlte ich mich ausgerichtet –
nicht der Performer,
nicht der Rope Artist,
nicht die sinnliche Präsenz,
sondern der Heiler.
Derjenige, der mit dem Körper sieht, nicht mit dem Kopf.
Und es tat weh, wegzugehen.
Ich hätte gern mehr getan.
Aber manchmal ist ein Spiegel das Einzige, was man geben kann.
Ich traf auch auf meine eigenen Grenzen.
Ein Tag, an dem Nastia und ich völlig erschöpft waren.
Diese Workshops öffnen Türen, aber sie erschüttern dich auch bis ins Mark.
Wir verließen das Festival für ein paar Stunden, fanden einen stillen Ort zum Essen und lagen später einfach am Meer.
Stille.
Licht.
Ein wenig Schlaf.
Wir brauchten diesen Moment, um wieder atmen zu können.
Und dann war da die Dark Puja von Michal Maayan Don.
Ein Ritual mit starkem BDSM-Geschmack, das normalerweise Intensität, Schatten, Kanten hervorruft.
Doch was mich berührte, war nicht die Dunkelheit.
Es war die Zärtlichkeit, die sich hindurchschob.
Ich verband mich dort mit jemandem, der so viel Weichheit und Verletzlichkeit mitbrachte, dass das Ganze heilig wirkte.
Es zeigte mir etwas, womit ich nicht gerechnet hatte:
Zärtlichkeit ist nicht das Gegenteil von Tiefe.
Sie ist Tiefe.
Und ich fühlte echte Dankbarkeit – für die Freiheit, die Nastia mir gibt.
Die Freiheit, zu erkunden, zu lernen, Teile von mir zu treffen, zu denen ich ohne sie keinen Zugang hätte.
Solche Freiheit ist nicht selbstverständlich.
Sie ist Vertrauen.
Und sie ist einer der Gründe, warum das, was zwischen uns entsteht, so viel tiefer geht als jedes Ritual.
ISTA Cyprus gab mir keine Antworten.
Es gab mir die Teile von mir, denen ich sonst ausweiche.
Und sie direkt anzusehen machte mich lebendiger.
Als Paar dort zu sein, ist eine weitere Schicht.
Nichts Leichtes.
Eine bewusste Reise.
Eine kontrollierte Herausforderung, die eine Beziehung vertiefen kann, wenn beide Partner bereit sind, offen zu sein und vor, während und nach dem Festival zu sprechen.
Ich werde darüber wahrscheinlich einen eigenen Artikel schreiben.
Für jetzt bleibt nur das:
Solche Festivals zeigen uns nicht nur, wer wir sind.
Sie zeigen uns, wer wir zusammen werden können.


Dies ist eine Einladung an alle, die sich danach sehnen, mehr zu fühlen, tiefer zu vertrauen und sich selbst neu zu begegnen.